Liebestöter und andere winterliche Genüsse

„Kind, zieh Dir doch warme Unterwäsche an, sondern holst Du Dir noch was an die Blase!“  wer aus meiner Generation kennt diesen Satz nicht. Das fiel mir ein, als ich mich mit einer ehemaligen Klassenkameradin, über die gute alte gestrickte Unterwäsche, samt Socken unterhalten habe. Nun ist das so eine Sache und ja ich weiß, dass gestrickte Unterwäsche es wohl eher nicht gegeben hat, obwohl ich mir da gar nicht so sicher bin. Meine Erinnerung sagt mir, dass es das gegeben haben könnte.

Mein Vater, er wurde, wie so viele junge Männer seiner Generation, in den Krieg eingezogen und die Einheitswäsche dort, die alle tragen mussten, das war für ihn seelische Grausamkeit, wenn er daran dachte, das war körperliche Folter, wenn er sie tragen musste, das war etwas für das er keinen Namen hatte. Er war, was das anging, immer sehr empfindlich und blöderweise hat er das weiter vererbt, denn wir alle, meine Geschwister kamen, so lange sie lebten, nicht mit kratzigen Kleidungsstücken klar und ich kann das bis heute nicht. Gestrickte Wollsocken, im Winter Wollstrumpfhosen, man möge sich erinnern, dass Mädchen nicht immer Hosen für die Schule trugen, Wolle auf der Haut generell, das geht gar nicht. Aber es muss ja nicht Wolle sein, es könnten, damit die Blase nicht leidet, durchaus auch solche Liebestöter sein, die nur wenig anreizende Gedanken zulassen, bis über die Nieren, ungefähr knapp unter die Achseln gehen, dahin wird dann ein Hemd gestopft, das in seiner Länge bis runter in die Kniekehlen geht, beides natürlich in Baumwolle, bei 95° C waschbar, in weißer Farbe und höchstens, als allerletztes Zugeständnis noch einem verwaschenen Möchtegernrosé zu erhalten, das keiner wirklichen Farbe zuzuordnen ist. Meine Oma hatte sie noch diese Leibestöter und nicht nur das, darüber trug Frau dann noch das Mieder, um sämtliche Unterwäschefalten und natürliche, körperliche Pölsterchen zu glätten. Nein, kein Mieder, wie es sie heute gibt, sondern die der anderen, der altbackenen Art. So ausgestattet, kamen die Damen früher über die kalten Runden eines harten Winters, bekamen zwar keine Nierenprobleme, mussten aber dennoch nach jeder Tasse Kaffee mindestens fünf Mal zu dem Ort laufen, an dessen Tür eine weitere, detaillierte Schilderung dessen endet, wie schwer das war, diese Art von Zwiebelkleidung herunter und danach dann auch wieder hinauf zu zerren, denn so ein eng am Körper sitzender Megamieder ließ das nicht so einfach mit sich machen. Es gibt immer noch Mieder, die heute eine ganz andere Aufgabe erfüllen, die hübsch und sexy sind und eine heutige Oma genießt und schweigt oder schweigt und genießt.

Meine Schwiegermutter war eine moderne, immer sehr gepflegte, schicke Frau, aber im Winter musste das Unterhemd dann schon sein und die Strumpfhose unter der langen Hose und dann hätten wir auch schon das nächste Hindernis: Es gibt für mich kein komischeres Tragegefühl als unter der Jeans eine Strumpfhose oder ähnliches zu tragen. Das fühlt sich für mich eklig an. Eine Freundin von mir tut das immer und zwar dann schon, wenn es auch nur schon im Ansatz kalt zu werden droht, wird unter die Jeans eine Strumpfhose gemoppelt.  Das einzige Zugeständnis, das ich hier inzwischen mache, das sind Stulpen, die sich mühelos über die Füße an- und ausstrippen lassen, natürlich nicht aus Wolle, sondern keine Ahnung aus welchem Material, aber auf jeden Fall eins, das nicht juckt, kratzt und beißt. Nicht, dass es für mich lustig ist, dass ich keine Wolle tragen kann, auch kein Kaschmir, da geht gar nix, nein, ich kann nicht darüber lachen, weil in jeder Wintersaison eine Menge an wärmender Mode aus schickem Wollstrick an mir vorübergeht. So groß kann ich mir das nicht kaufen, um mindestens fünf Shirts übereinander darunter tragen zu können. Wird also nix, mit uns, mit dem schicken Kaschmir- oder Wollstrick und mir.

Trotzdem, bin ich immer wieder auf der Suche nach einem Material, dass keine figurverzerrenden  Eigenschaften wie Baumwolle hat, die am Körper wächst und gelegentlich wie ein schlapper Lappen am Körper hängt. Männer wissen gar nicht wie gut sie es haben. Aber wie auch immer, denkt daran, wenn das kälter wird, dann müsst ihr schon mal nach den Leibestötern gucken, damit ihr Euch nichts an die Blase holt.

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