Heute kommt das Älter-werden-outing schlechthin, aber ich bekenne mich dazu, stehe dazu: Ich bin bekennende Sommergartenguckerin. So. Punkt. Was ist schlimm daran? Wobei zugegeben meist läuft das nebenher wie eine Sendung im Radio. Ich glaube kaum jemand kennt dieses Format nicht, viele verdammen es, einige nehmen seine Moderatorin auf die Schippe, die meisten fühlen sich unterhalten. Was will man mehr? Nichts, oder?
Wobei eins ziemlich sicher ist, „Kiewel“ wie alle Welt sie nennt, stemmt die Moderation schon recht ordentlich, oder? Auch wenn sie mal wegen zu viel Werbung an falscher Stelle ins Kreuzfeuer geraten war und nicht mehr moderieren durfte, so ist sie wieder da, musste wieder ran, weil jeder, der nach ihr kam, die Quoten mehr und mehr in den Keller gefahren hat. Ein kleines Phänomen ist diese Frau an der Stelle schon. Gestern war die Schlager-Ausgabe und eigentlich waren unsere Schlager damals schon der Hammer, oder? Da kann das von heute gar nicht mit. Aber nein, keine falsche Schlussfolgerung, ich klebe nicht an dem von gestern, aber zu einer gescheiten Party, wo die Oma Becker abrockt gehören Schlager von einst auch dazu. Wer hat nicht auf einer Party schon laut zu „Er gehört zu mir“ oder „Marmor, Stein und Eisen“ oder oder oder mitgegröhlt? Zu vielen Schlagern gestern waren dann auch noch die Originalinterpreten da. Bei den meisten kann man mit Genugtuung feststellen, dass sie auch nicht jünger geworden sind, einige jedoch sahen richtig gut aus – für ihr Alter. Viele jenseits von Ü60, wobei ich zugeben muss, dass die Frauen durch die Bank weg besser ausgesehen haben als die Männer. Jungs, das ist so, das müsst ihr selbst neidlos zugeben. Dann kam doch etwas, das mir für diese Ausgabe dann doch einen kleinen Stich versetzt hat: Es gab eine kleine Modenschau mit Frauen aus dem Publikum mit kleineren Problemzonen und wie man diese kaschiert und da lief auch eine junge Frau im Alter von 65 Jahren über den Laufsteg was dann von Kiewel, zwar wohlwollend aber doch kommentiert worden war. Menno, die Frau war doch erst 65 Jahre, noch jung, noch neugierig sonst hätte sie das nicht mitgemacht. Irgendwie renne ich zur Zeit ständig mit dem 65iger-Alter zusammen, als sei das eine Schallgrenze, eine Art Mauer zwischen jung und siehst mich nicht mehr. Ja, es war in Ordnung, dass Frau Kiewel die Dame bewundernd bemerkt hat. Liebe Frau Kiewel, mach doch mal eine Sendung für Üs, so um die 65 herum, nicht unter Motto wie zum Muttertag mit „Liebe Mama“, nö hole Dir doch mal Omas in Deine Sendung, die noch was stemmen, mach das zum Thema. Du wirst stauen was die so alles tun und lassen, was sie können und was nicht, was sie unternehmen, wie aktiv sie sind und dass sie sich nicht mehr scheuen das zu tun, was sie wollen. Da ist nix mit „Hansi-Hinterseer-Mentalität“ und Kaminfeuer, sondern die können bei Passenger ebenso dahin schmelzen, wie sie bei der Schlagermusik wie gestern abrocken können und zu Josè der Straßenmusikant wild mit den Armen in der Luft fuchteln, um dann eben dieselben sanft schaukeln bei „Ich liebe das Leben“, was wir mit Überzeugung tun. Auch wenn ich noch keine 65 Jahre alt bin, dann doch noch ein paar Jährchen bis dahin Zeit habe, so schließe ich mich hier sehr gerne ein. Mit den Beatles standen wir übrigens früher ebenso auf „Du“ wie mit Janis Joplin und Led Zeppelin, von Flowers in San Francisco haben wir geträumt und uns gewundert, dass es nie in Kalifornien regnet und es hängen mehr Jeans im Schrank als Stoffhosen. Guckst du mal, du wirst eine Menge Frauen finden, die, sagen wir mal so ab Ü irgendwas und höher erst zur besten Form ihres Lebens hochlaufen, gelaufen sind, ganz bemerkenswerte Projekte starten oder sich an solche anschließen, die nicht die Hände in den Schoß legen und darauf warten, dass der Tag zu Ende geht. Guck dich um, du wirst da Erstaunliches finden können, was eine Ausgabe Sommergarten ganz sicher sehr unterhaltsam füllen wird. Ja, natürlich gilt dies auch für Männer, ich will hier keine Geschlechtertrennung betreiben, aber der Ausgangspunkt war nun mal eine Frau gewesen und ich meine, dass in dieser Altersgruppe noch ein anderes Verständnis von Gleichberechtigung herrscht, Frauen sich beruflich eher nicht austoben konnten und auch ansonsten eher im Hintertreffen gewesen waren. Ich glaube daraus würde eine sehr unterhaltsame, aber auch interessante Ausgabe des Sommergartens werden.
In diesem Sinn eine gute Woche, viele schöne Ereignisse, viele Anregungen, wenig Aufregungen und eine gute Zeit.