Einerseits, andererseits und insgesamt stimmt da etwas nicht. Es heißt Rentner haben nie Zeit, sind ständig unterwegs und überhaupt und so alles. Die das sagen, die schwindeln uns an, denn wenn dem wirklich so wäre, dann müssen alle Rentner und solche, die das bald werden möchten spätestens zum Nachmittagskaffee wieder zu Hause sein. Kurz später geht auch noch, weil nichts gegen ein kleines Stück Sahnetorte spricht. Aber spätestens, so kurz vor dem Abendbrot, müssen sie dann vor dem Fernseher sitzen. Wie sonst lässt sich erklären, dass während dieser Zeit, am Nachmittag, kurz davor und danach, Werbung ausgestrahlt wird, die genau auf sie zugeschnitten ist?
Ich mag Werbung, das muss ich gestehen, aber nur wenige Spots gefallen mir wirklich. Deswegen, ich gebe es zu, geht Werbung häufig an mir vorbei und ich bekomme so manch richtig gute Spots erst sehr spät mit. Dabei unterscheiden sich die Werbesegmente, je nach Ausstrahlungszeit und Sender deutlich voneinander. Das richtet sich nach den werberelevanten Gruppen zwischen 18 und 49 Jahren. Darunter und darüber na gut, reden wir nicht drüber. Typisch deutscher Werbenachmittag für Rentner und solche, die das bald werden. Das kann ich Euch einfach nicht vorenthalten. Da hätten wir den Treppenlift, der, eben mal im eigenen Haus montiert, verhindert, dass ein älteres Paar schon aus seinem Haus ausziehen muss, sondern noch lange darin leben kann. Keine schlechte Sache, das finde ich in Ordnung. Kann mir aber jemand erklären, weshalb der Typ zuerst den Rasen mäht, da muss er sich bewegen, bücken, ackern und machen, um dann, als seine Frau, Partnerin, Gefährtin oder was immer das auch ist, ihr kleines Ausgehtäschchen im ersten Stock vergessen hat, eben mal mit dem Teppenlift nach oben zu fahren, um das Objekt der Begierde zu holen. Also Treppen könnte der Mann laufen und schneller wäre er auch gewesen. Übrigens scheint mir diese Ausgabe des Treppenlifters ein recht langsamer zu sein und ich frage mich, ob es hier eine Porscheausgabe gibt mit mindestens 200 PS unter der Haube und einer Beschleunigung von Null auf Hundert in Null Komma Nix.
Ich biete Tropfen gegen Schwindel an. Wir wissen alle, dass Schwindel eine bescheidene Erscheinung ist, die Mensch zu allerlei Fehleischätzungen führt und auf die man ohne Alkoholgenuß zuvor gerne verzichten kann. Während wir wissen, dass ein gestandener Rausch wieder vorbei geht, ist das mit dieser Art Schwindel nicht schön und etwas, das man unbedingt abklären muss. Na ja nun nimmt die Frau Tropfen gegen den Schwindel, den niemand erklären konnte und gegen den nichts geholfen hat und siehe da, alles wird gut. Ein bisschen gefährlich finde ich das schon, aber ok wir sind alle erwachsen und für uns selbst verantwortlich.
Dann kommen wir während des Kochens und gelegentlich auch Essens zu meinen Lieblingswerbungen. Ich freue mich wahnsinnig jeden Abend, und das im Vorabendprogramm immer wieder und einige Male, jenen Mann zu treffen, der des Nächtens, wegen unglaublichen Harndrangs, nicht durchschlafen kann. Mein Gott, was ist da so schlimm daran? Da geht man raus, erledigt was zu erledigen ist und geht wieder schlafen. Na gut für ihn, scheint das ein Problem zu sein. Ja, ich weiß es ja, er kann sich nicht lachend hinstellen und für besagte Pillen werben, also macht er ein geübtes Bestattergesicht und hat dazu eine monotone Stimme, dass die Kartoffeln im Topf vor Begeisterung in die Luft springen und die Spaghetti sich wie dolle winden bis wieder vorbei ist. Na gut, für Frauen, erwähnt er dann am Rand gibt es das auch. Die nächste Werbung verspricht absolute Sicherheit, sollten obige Pillen nicht wirken, bei Niesen und Husten für Frau. Für Mann gibt es das dann übrigens auch noch.
Ich hätte dann noch die Verdauung im Angebot: Da wären die Tropfen die regulieren, dass möglich ist, was sonst nicht möglich scheint und im Gegenzug, drei Werbungen später, kommt was kommen muss: Es war der Tropfen zu viel und kurz vor dem festlichen Ereignis hat es sprichwörtlich die Sicherung durchgehauen, als wäre mehr als die übliche Menge Federweißer im Spiel gewesen. Also reicht man Pillen auch dagegen. Damit dann das Gelage, das Schlemmen beim Fest nicht anschlagen kann sollte man zu jenen Pille greifen, die garantieren, dass man abnimmt und ohne Reue schlemmen kann.
Wo sind die schicken Autos? Das leckere Coke-Getränk? Wo bleibt Ikea mit seiner Werbung und wo sind die Reisespots in ferne Länder? Wo sind die Spots, die Fun in jeder Lebenslage versprechen und die Farbe ins Lebensalter bringen? Wo die Hiphopklänge, die jede Spots begleiten, wo das Leben, die Lust und die Leidenschaft am Leben da draußen teilnehmen zu wollen? Zugegeben, man kann umschalten, den Sender wechseln, aber das ist es nicht, was ich meine. Muss man nicht immer, vielleicht kann man mal andere Werbung an Bord holen, ich sehen das an meiner Ma, die immer noch jung geblieben ist, was auf meine Schwiegermutter so ebenfalls zugetroffen hat. Kreieren wir ein Banner „Junge Werbung für Junggebliebene“ oder „Only funny Werbung for Rentner!" oder "No more langweilige Spots“. In diesem Sinn: Have fun!