Gran-Net-Generation

Niemand möchte es wissen, niemand möchte davon betroffen sein, jeder denkt er oder sie, dass das alles an ihnen vorbei geht. Dabei hat es auch Vorteile. Natürlich möchte ich keine Zipperleins haben, wer will das schon? Falten? Mein Gott, wenn dem so ist, dann ist das so. Ewig jung sein? Igitt nein, wer muss das haben? Ich meine diese Hetzerei am Morgen, Mittag und Abend? Ein paar Jahre noch, dann stelle ich meinen Einkaufswagen auch mitten im Weg ab, wenn mir einfällt, dass ich vielleicht doch noch ein Stück Butter gebrauchen könnte, gehe zu Zeiten dann einkaufen, wenn mich die arbeitenden jungen Menschen mit bösen Blicken überrollen wollen, was an mir aber abprallen wird.

Es hat Vorteile älter zu werden, alt sein dagegen sicherlich nicht. Auf gar keinen Fall, denn da braucht man all die Dinge wie, ach nein, ich zähle das jetzt nicht auf, alle die mich kennen, wissen was ich meine. Schwamm drüber, weg aus dem Fokus, lassen wir uns da überraschen und wenn wir etwas brauchen, dann werden wir im Internet danach suchen. Übrigens sind wir die Generation „Gran-Net“, die „Gran-Net-Generation“ aus der annähernd jeder mit dem Internet, einem Smartphones und Kollegen umgehen kann. Wir shoppen wie losgelassen, verreisen nachdem wir im Internet gebucht haben, informieren uns im dort, beziehen aus dem Internet was der Supermarkt um die Ecke nicht bietet, lassen unsere Diät dort erstellen, machen unsere Gymnastik, weil wir uns im Sportstudio nicht wohl fühlen, wir sind modern und aufgeschlossen und werden das auch bleiben. Aber an dem Einkaufswagen mitten im Weg, abruptes Bremsen vor heraneilenden Mitmenschen aus der Abteilung „arbeitende Bevölkerung“, wird das nichts ändern. Manches wird sich nicht ändern und von Generation zu Generation weiter gegeben, ob wir wollen oder nicht. Wer weiß, vielleicht sind das die kleinen Rachemomente für dass, was man selbst erlebt hat, wenn man auf dem Weg zum Kühlregal, wo man oder frau sich eben noch schnell einen Beutel Milch greifen will, ungefähr zehn Rentner entweder aus dem Weg räumen oder vom Fußboden auflesen musste und dabei Slalom zwischen ihren Wagen lief. Wiederholt sich alles, nichts zu ändern, muss man so nehmen wie es ist. Wer nun glaubt es wäre anders, wenn er spät, so kurz vor 23 Uhr, kurz bevor der Markt seine Pforten schließt, der irrt. Wer glaubt, dass der Markt dann ihm gehört, auch der irrt, irgendwo in den schmaleren Nebengängen irren müde Rentner verzweifelt auf der Suche nach Kukident und Haftcreme suchend umher, während weiter vorne bei den Getränken aller Art die Partymenschen den Weg zum Mineralwasser versperren, weil sie im Pulk alkoholischem Nachschub suchen. Nein, nein, das muss nicht abgeschafft werden, denn als kommende Rentnerin könnte es mir – rein theoretisch natürlich – ach passieren, dass ich mich beim Einkauf von alkoholhaltigen Getränken für die Rentnerparty verschätzt habe und eben schnell, was man in dem Alter eben schnell nennen kann, für Nachschub sorgen möchte. Im Übrigen eignen sich Rentnerpartys unter der Woche außerordentlich dazu, die arbeitende Bevölkerung samt ihrem Nachwuchs vom erholsamen Schlaf abzuhalten. Böse? Ach i wo…

Bei uns im Haus, ja zweiter Stock, ein Paar, beide Rentner, noch relativ jung, sehr empfindlich auf Geräusche, die nicht aus ihrer Wohnung kommen. Ich schwöre Euch die hören die Flöhe husten, die in drei Häuser weiter bei Meiers Hund auf dessen Fell gerade Boxkampf austragen. Auf jeden Fall beklagte sie sich am nächsten Morgen bei mir über den Lärm. Welcher Lärm? Ich wusste im Moment nicht was sie meinte. Na die laute Musik. Ach die laute Musik, es fiel mir schlagartig ein, dass ich bei Rosenbergs „Er gehört zu mir“ selig mitsingend entschlummert war. Sie war entsetzt als ich meinte, das wäre toll gewesen, endlich mal etwas los im Haus. Ich gebe zu, ich habe das blanke Entsetzen in ihren Augen genossen. Als sie merkte, dass da bei mir kein Apfel zu ernten ist, war sie ruckzuck verschwunden. Partys gehören zum Leben.

Älter werden hat Vorteile, bringt mental eine gewisse Ruhe und Gelassenheit mit sich. Man ärgert sich nicht mehr so schnell über all den Kram, lebt mehr in seiner Mitte, kann kaum noch erschüttert werden, es ist eben wie es ist und warum soll man immer so viel ändern wollen. Partylärm oder einer musikalischen Begleitung durch Marianne Rosenberg ins Reich der Träume bringt eine angenehme Abwechslung. Das Leben ist herrlich.

 

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