Sonntag

Sonntag, der Tag der Woche, der angefüllt sein soll mit Ausruhen, Nichtstun. Zuerst sollte man lange, sehr lange schlafen. Dann ein ausgedehntes Frühstück, Zeitung lesen, die es am Sonntag zum Glück gibt, dann ins Bad drei Stunden und danach auf die Couch schleppen Mittagessen fällt flach, Frühstück war lang. Vielleicht ein Spaziergang, Blick aus dem Fenster – nö keine Sonne, dann ohne mich. Irgendwann ein kleines Nickerchen, das Nachmittagskäffchen, um dann nahtlos in den Abend überzugehen. Klingt, toll, oder? Würde ich so machen, wären da nicht …

… all die Verpflichtungen, die man sich im Grunde freiwillig angelächelt hat. Man macht das so, wenn man jung, verliebt ist, man war am Samstag Abend aus, ist durch die Gemeinden gezogen und irgendwann gegen Morgen nach Hause gekommen. Wenn Sommer ist, kann man den Taxifahrer mit „Guten Morgen“ begrüßen und die Sonne aufgehen sehen. Im Winter wäre das ein wenig schwierig, das Risiko, dass die Sonne hinter den Wolken bleibt ist deutlich höher als im Sommer. Kaum aber, dass ein Baby da ist, hört das auf, keine durchfeierten Nächte mehr, zumindest solche nicht, von denen ich eben geschrieben habe. Die Nächte jetzt klingen anders, ihre Musik tönt in anderen Höhen. Dieser Zwerg möchte dann auch am Tag mit Mama und Papa seinen Spaß haben. Frühstück verkürzt, Mittagessen Pflicht, während Baby schläft die Küche gemacht. So ändert sich das. Der werdende Opa und ich könnten längst schon an unser früheres Leben angeknüpft haben, wäre da nicht die Tatsache, dass man für eine durchfeierte Nacht drei Tage Erholung braucht. Außerdem gibt es da Hund und Katz und die werdende Uroma, die versorgt werden wollen. Letztere wird am Sonntag durch einen Pflegedienst liebevoll geweckt, gewaschen und an den Frühstückstisch gebracht. Normalerweise bin ich schon wach, wenn der Pflegedienst so um neun Uhr herum an der läutet, der Hund furchteinflößend bellt, die Katze die Treppe raufrennt und ich die Tür öffne. Heute war dem nicht so. Im Moment schlafe ich schlecht, darf man sich als werdende Oma ja mal leisten und das geht auch wieder vorbei. Auf jeden Fall wache ich um neun Uhr auf. Der Kater, der das gesehen hat, springt zu mir auf mein Bett, wo ich mich eben noch sortiert habe: das ist mein rechter Arm, das der linke, die das Bein der linken Seite, dies das rechte, womit ich meine, dass man ab einem gewissen Alter erst mal in Schwung kommen muss, an aufstehen ist in diesem Moment noch nicht zu denken. Ich realisiere also, dass ich wach bin und dass jeden Moment der Pflegedienst kommen muss. Dem Kater war das nicht klar, seinem Kollegen dem Hund auch nicht. Ich habe noch nicht wirklich begonnen den Kater zu kraulen, klingt es, der Hund bellt, der Kater sprintet los zur Treppe, wo er nach fünf Stufen schlagartig stehen bleibt, da ihm bewusst wurde, dass er ja schon oben ist. Sein Gesichtsausdruck war sehenswert.

Dann werde ich, das tun, was ich jeden Sonntag mache: das wegarbeiten, was unter Woche liegen geblieben ist, vor allem auch deswegen, weil ich morgen wieder einen blauen Montag machen werde, weil ich mich mit der anderen werdenden Uroma beim Italiener Piccolo Mondo hier in Berlin verabredet habe. So sehr ich Euch alle mag, aber das muss sein und wir verzichten wirklich nur dann darauf, wenn etwas dazwischen kommt. In diesem Sinn Euch allen einen schönen Sonntag, heute schreibe ich das: Lauscht in Eure Wohnung hinein. Hört ihr sie? Nein? Dann müsst ihr genauer hinhören. Noch mal, ganz genau hinhören. Hört ihr sie? Wen? Na Eure Couch die da ruft: komm her, komm her, ich wart‘ auf Dich!“. Lasst es Euch gut gehen.

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